68
Jürgen Dehmers, Wie laut soll ich denn noch schreien?
Respekt, Hut ab!
<Der Lack ist ab>
Dieser Titel stimmt von der ersten bis zur letzten Seite dieses Buches. Er stammt von Jörg Schindler aus
der Frankfurter Rundschau vom 17.11.1999 und beschreibt nicht nur, dass hinter Odenwald Schule ein
hochstilisiertes Reformprogramm steckt, sondern ein Fisch, der vom Kopf bis zur Schwanzspitze stinkt.
Alles, was sich Moderne, Säkularisation und Demokratie nennt, ist ein Traum von Idealen und Fortschritt.
Die Fantasie menschlicher Gehirne lässt sich nicht disziplinieren. Im Gegenteil: Bildung, freiheitliche
Menschenrechte, lässt die menschliche Fantasie aufblühen. Das sich steigernde individuelle
Selbstbewusstsein, untergräbt alle Versuche einer Zivilisation der Menschheit.
Ich bin 75 Jahre alt und sage: Ich habe in meinem Leben Glück gehabt. Mit meiner Familie, aus der ich
komme, mit meinem Beruf, den ich mir gewählt habe, mit den Herausforderungen, die das Leben mit sich
bringt. Die Defizite scheinen klein zu sein. – Dass ich auch um Vieles beschissen worden bin, nehme ich
hin.
Von Beruf bin ich Pastor, der als kritischer Theologe durch Studium, drei Gemeinden und im Ruhestand je
seinen eigenen Weg gegangen ist.
<>
Zeit heilt Wunden, sagte die Generation meiner Eltern und Großeltern. Sie haben zwei Weltkriege
miterlebt, direkt oder indirekt. Sie sahen sich als Schicksalsgenossen, die die Schmach von Verdun wieder
gutmachen wollten, die eine Vergeltung für 1871 sein sollte.
Die vorrausgehenden Generationen waren fromm. Sie klagten Leid und Ungerechtigkeit ihrem Herrgott,
beichteten ihre eigenen Sünden, ihm oder dem Priester. Der gnädige Gott würde es entsprechend
vergelten.
In einer demokratischen und fast säkularen Gesellschaft sucht das Individuum Hilfe in der Gegenwart.
Menschenrechte, Gerichte, die Sozialgesetze, Medien machen es möglich, sind die Foren.
An diesen „Idealen“ ausgerichtet ist „Wie laut…“ ein Marsch durch menschliche Sümpfe und Institutionen.
Es ist ein Mosaik, eine Defragmentierung menschlichen Elends, hominider Existenz. Sie umfasst die „Res
Publika“ wie in einem individuellen Überlebenskampf. - Danke!!!!!
<>
Sozialdemokraten und Grüne haben die Sorge, dass Kinder aus sozial schwachen Elternhäusern keine
Aufstiegschance haben. Jürgen Dehmers und Gerold Becker entlarven auch diese Ideologie.
„Jürgen Dehmers“ und ich stellen offenbar alle Theorien und alle Ideologie in Frage.
Mir fällt auf, dass JD keine „Lernprobleme“ hatte, aber jeden nur möglichen asozialen Sumpf durchwaten
musste. Dieser soziale Sumpf hat ihn so stark traumatisiert, dass er physisch und psychisch einen
bleibenden gesundheitlich Schaden nahm.
Mein
Leben
ist
dagegen
eine
konträre
Spiegelung.
Mir
fiel
Lernen
immer
schwer,
bis
heute
habe
ich
Probleme
mit
Namen,
Zahlen
und
rationalem
erfassen
von
Strukturen.
Schule
hat
mich
offenbar
traumatisiert.
In
Träumen
verfolgt
mich
die
Angst,
ich
bekäme
das
Abitur
nicht.
Die
Träume
enden
oft
mit
meinem
Vorwurf
an
die
„Prüfer“:
„Ich
brauche
Euer
Abitur
nicht,
ich
bin
schon
Pastor“.
Dann
drängt
sich
oft
in
Träumen
die
Frage
auf:
Was
und
wo
will
ich
studieren,
womit
will
ich
mir
mal
den
Lebensunterhalt
erwerben.
Wenn
ich
aufwache,
realisiere
ich,
dass
ich
schon
pensioniert
bin
und
mich
auch
nicht
mehr
um
einen neuen Wohnort zu sorgen habe.
Die
heftigste
„Schulerfahrung“
hatte
ich
2009(?)
in
Danzig.
Meine
Tochter
wollte
meine
Kindheitsstätten
kennenlernen.
Wir
flogen
nach
Danzig.
Zuletzt
ging
es
nach
Langfuhr.
Wir
gingen
Arm
in
Arm
durch
die
modernen
Einkaufsgeschäfte.
Sie
war
glücklich,
weil
ich
kameradschaftlich
mit
ihr
interessiert
in
allen
Läden
und
Butiken
an
ihrer
Seite
war.
Am
Ende
der
Ladenzeile
wollte
sie
umkehren.
Ich
bat
sie,
noch
bis
zur
Straßenecke
mitzukommen.
Hinter
ihr
müsse
laut
Stadtplan
irgendwo
meine
Schule
sein,
an
die
ich
keine
Erinnerung
habe.
–
Nach
der
Schwarzschule
in
der
Altstadt
und
nach
der
Einklassenschule
in
„Eberhardsdorf“
(Evakuierung)
–
besuchte
ich
hier
in
Langfuhr
in
der
3.
Schule
die
zweite
Klasse.
-
Wie
wir
um
die
Ecke
kommen,
um
quer
über
die
Kreuzung
zu
gehen,
da
stockt
mir
der
Atem,
bleibe
ich
wie
angewurzelt
stehen.
Mein
Herz
raste.
Es
fehlten
noch
ca.
200
Schritte,
wo
erst
hinter
einer
weiteren
Hausecke
meine
Schule
stand,
die
heute
eine
Schule
für
Film-(?)-
Kunst
ist.
Allein
der
Anblick
dieser
Straßenecke, wo offenbar keines der Gebäude einen Kriegsschaden davongetragen hat, lähmte mich.
Das
soziale
Umfeld,
in
dem
ich
aufwuchs
war
ebenso
ganz
konträr
zu
dem
von
JD.
Meine
Eltern
waren
ein
Ehepaar,
das
sich
nie
stritt.
Meinungsverschiedenheiten
wurden
in
ruhigen
sachlichen
Gesprächen
in
unserer
Abwesenheit
ausdiskutiert.
Aufmerksam
und
in
Gesprächen
begleiteten
sie
uns
drei
Geschwister
in unserer Kindheit und Jugend. Keiner von uns wurde bevorzugt oder überfordert.
Lust,
zur
Schule
zu
gehen,
hatte
ich
keine.
Meine
jüngere
Schwester
hätte
mit
mir
gerne
getauscht.
Gedichte,
Lieder
auswendig
zu
lernen,
hielt
oft
unsere
Familie
auf,
wenn
wir
etwas
unternehmen
wollten.
Ich
war
bereit
zu
lernen,
bis
in
den
Nachmittag
hinein
oder
lieber
am
Morgen
vor
der
Schule,
aber
der
Erfolg
war
mäßig.
Wie
oft
sprach
meine
Mutter
mit
den
Lehrern,
ob
es
Sinn
macht,
dass
ich
aufs
Gymnasium
gehe.
Die
Lehrer
machten
ihr
Mut.
Ich
sei
ein
Spätentwickler.
Ein
Nachhilfeunterricht
in
der
3./4.
Grundschulklasse
war
nicht
nur
der
Flucht
geschuldet,
auf
der
ich
4
mal
die
Schule
wechseln
musste
und wo es oft „Kohleferien“ gab.
Auf
dem
Gymnasium,
das
ich
erst
nach
der
5.
Hauptschulklasse
betrat,
fand
ein
sich
oft
prügelnder
Kamerad
das
passende
Bild
für
mich:
„Negativer
Streber“.
Ich
hatte
ihn
zwar
in
einem
lange
von
ihm
gesuchten
Zweikampf
in
der
„Nierenschere“
besiegt.
–
Er
ließ
nur
die
Fäuste
sprechen,
die
ich
im
Ringkampf
unterlief.
–
Recht
hatte
er:
Wenn
ein
Lehrer
im
Unterricht
eine
Frage
stellte
und
keiner
meldete
sich,
um
zu
antworten,
tat
mir
der
Lehrer
leid,
suchte
nach
einer
vielleicht
passenden
Antwort
und
meldete
mich.
Das
war
meist
daneben,
blamabel.
Nie
schwänzte
ich,
machte
brav
meine
Schularbeiten
und
musste
dennoch
nach
vielen
knappen
Versetzungen
die
Obersekunda
wiederholen.
In
der
„Sitzenbleiberklasse“
hatte
ich
als
„Streber“
schlechte
Karten.
Also
riet
unser
Direktor
meiner
Mutter
zu
einem
Schulwechsel
von
Weinheim
nach
Waldmichelbach.
Dort
machte
ich
ein
abenteuerliches
Abitur:
Ich
brach
mir
beim
Rodeln
im
Januar
das
rechte
Bein.
Im
Februar
machte
meine
Klasse
Abitur,
ich
lag
mit
einer
Fistel noch im Krankenhaus. Im März entlassen, durfte ich „privat“ das Abitur nachmachen.
Und
so
sehr
mir
das
Theologiestudium
meinen
Erwartungen
entsprach,
vielen
interessanten
Professoren
und
Kommilitonen
begegnete,
so
hoffte
ich,
dass
mir
das
bevorstehende
Examen
nicht
den
Weg
in
die
Gemeinde versperrte.
Und
jetzt
im
Ruhestand
gehe
ich
auf
viele
Publikationen
ein,
um
mich
mit
ihnen
auseiander
zu
setzen,
um
darzulegen,
dass
Götter
weltweit
nur
in
der
Fantasie
der
Menschen
existieren,
„Götterglaube“
nur
von
der
Neurologie her zu verstehen und zu leben ist.
Hier bin ich so besessen nach einer theologischen Diskussion, wie JD, der nach immer mehr Opfern sucht,
die am den Odenwaldschule Schaden genommen haben. Wir beide sind wie Briefmarkensammler, die ihre
Sammlung zu komplementieren versuchen, ohne ein Ende oder eine letztendliche Befriedigung zu finden.
Da sind wir nicht weniger vernarrt oder edikted als sexuell gestimmte „Lebewesen“, die Pornos oder
widerliche Bilder vom Kindermissbrauch sammeln. Die Menge entwertet das „Ideal““ und wird letztlich
zum persönlichen Ballast, der uns von alternativen „Idealen“ fernhält.
Hat JD je eine Therapie weiter geholfen? Er erwähnst sein Bemühen S. 191ff. Aber beschreibt nur seine
Suche nach Visionen auf einem Berg in Italien. Es fehlt mir ein Erfahrungsbericht mit der Eye Movement
Desensitiziation and Reprocessing (EMDR) - Methode. Ist das eine effektive Hilfe für traumatisierte
Leidensgenossen, auch wenn dafür die Täter schmerzhafte Entschädigungszahlungen leisten müssten?
Ich
werde
wohl
mit
meinem
kleinen
Schultrauma
leben
können
und
müssen,
in
der
Hoffnung,
davon
nicht
auch noch im Sterben belästigt zu werden.
<>
Mir
kommt
das
Buch
am
Ende
dünn
vor.
Es
bleibt
nicht
nur
offen,
was
die
Therapie
gebracht
hat,
wie
sie
erfahren
wurde,
wer
sie
bezahlt
hat,
ich
frage
mich
auch,
was
Dehmers
Arbeitskollegen
mitbekommen
haben,
wie
der
Arbeitgeber
auf
die
langen
Krankschreibungen
reagiert
hat.
Das
lassen
sich
doch
Mitarbeiter wie Arbeitgeber nicht so einfach gefallen.
Das sind doch alles Probleme, die solch ein schweres Verbrechen nach sich ziehen.
Nicht
zuletzt
vermisse
ich
eine
Beschreibung
der
sexuellen
Störungen,
die
doch
lebenslänglich
ganz
extrem
sein
müssen.
Man
liest
davon,
dass
missbrauchte
Kinder
als
Erwachsene
selbst
zu
Tätern
werden.
Die
wochenlange
Beobachtung
einer
schwangeren
Nachbarin,
kann
doch
nicht
nur
den
Wunsch
geweckt
haben, auch mal so entspannt sein zu können!
Ganz
enttäuscht
bin
ich
von
der
Rede
auf
dem
Hearing
anlässlich
der
„Jubelfeier“
Seite
287
ff.
Mit
Spannung
wartete
ich
darauf,
dass
die
„Institution“
zum
Handeln,
zum
Rücktritt
aufgefordert
wurde.
Das
lag
für
mich
nahe.
Wenn
eine
Privatschule,
die
mit
dem
Anspruch
auftritt,
sich
in
besonderer
Weise
und
zukunftsweisend
um
Schüler
zu
kümmern,
als
kriminelle
Institution
entlarvt
ist,
die
kann
nur
noch
aufgelöst
werden.
Noch
so
hohe
Entschädigungen
für
angerichtete
Schäden,
sind
keine
Garantie,
dass
die
Odenwaldschule
in
Zukunft,
transparent,
pädagogisch
verantwortungsbewusst
geführt
wird.
Eine
öffentliche
Trägerversammlung
solle
zusammen
mit
der
Elternschaft,
dem
Jugendamt
und
dem
Kultusministerium
satzungsgemäß
alle
Gremien
und
das
gesamte
Personal
der
Schule
neu
besetzen
.
Das
wäre meine radikale wie auch schier undurchführbare Forderung gewesen.
Jürgen Becker.
Als Theologe Christ zu sein, ist eine große intellektuelle wie emotionale Herausforderung. Das
verkraftete er wohl nur als zynischer Schauspieler.
Als Pädagoge hat er in allen Funktionen sich selbst und allen seinen Kollegen etwas vorgegaukelt.
Als biologisches Wesen hat er wie ein Irrer jegliche sexuelle Befriedigung verfehlt.
Als Mensch wurde er von einer kriminellen Energie getrieben, die nie öffentlich aufgedeckt und
sanktioniert wurde, also auch nicht befriedigt wurde.
Wie viele Erynnien mögen ihn bis in den dahin schleichenden Tod verfolgt haben.
(H-E.S. 02.07.2013)