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Der Alleingang der Kanzlerin bei der Schaffung des Euro-Rettungsschirms, beim
Aufweichen der automatischen Sanktionen für Zielverletzungen ist in einer Koalition, in
der der Koalitionspartner auch noch den Au¿enminister stellt, eigentlich undenkbar,
jedenfalls nicht hinnehmbar.
Wo ist die Stimme des Vorsitzenden unserer Partei, wenn die Bundesjustizministerin
vom Koalitionspartner als potentielles Sicherheitsrisiko für die Bundesrepublik
Deutschland hingestellt wird?
Wie lautet die liberale Antwort auf die gewünschte Öffnung des europäischen
Arbeitsmarktes, auf dem doch die gleichen Wettbewerbsbedingungen im einheitlichen
Wirtschaftsraum herrschen müssen, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden?
Die Lage ist so, wie sie ist, wir haben keine andere.
Wenn die FDP weiter zusieht, wie ihr ein politisches Thema nach dem anderen
weggebrochen wird, wird sie von der politischen Bühne verschwinden.
Es ist deshalb nötig, jetzt eine Diskussion zu beginnen, sie vor allem breit zu führen und
alles offen zu hinterfragen. 6
Nur eine offene Diskussion entspricht liberaler politischer Tradition.
Sie ist gegenwärtig auch die einzige Chance, den Ansehensverlust teilweise wieder
gutzumachen.
Diese Diskussion darf keinen Fragen ausweichen, auch nicht der Frage, ob wir in der
Führung unserer Partei, der Fraktion oder in der Regierung richtig aufgestellt sind. Es ist
nicht zielführend, diejenigen, die den Diskussionsprozess führen, ins moralische
Abseits zu stellen („charakterlose Gesellen“).
Gerade wir werden in der Öffentlichkeit auch daran gemessen, wie ehrlich und offen wir
mit unseren Problemen umgehen, um die Krise der Liberalen zu überwinden.
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