Die Wiederkehr der Religion
(Eine Religion verkörpert auf Autoritäten gegründet ein lokales Weltbild und eine subjektive
Moral.)
Vielleicht war es nur in den Industrieländern, dass „Religion“ zu einer Randerscheinung
wurde. Mit 9/11, dem mehr oder weniger öffentlichen Sterben von Paul dem VI. und der
„Bild“- Titel: “Wir sind Papst“, gab es für den Islam bzw. die Katholische Kirche eine neue
Öffentlichkeit. Religiöse Nachrichten aus aller Welt, sowohl der Großen Religionen wie von
religiösen Minderheiten oder Einzelkämpfern gab es schon immer. Aber vielleicht ist die
Sehnsucht nach Religion größer geworden.
Die Welt ist nach dem Zusammenbruch des Ostblocks nicht mehr politisch ideologisiert in
„Ost“ und „West“, sondern die einzelnen Völker dürfen nun ihre eigene Farbe zeigen. Die Welt
ist komplizierter geworden. Freiheit explodiert und treibt allerlei sonderbare Blüten. Der
wachsende Wohlstand bringt es mit sich, dass Spaß-haben die Mühe scheute, sich mit einer
differenzierenden Sicht auf Religion und Religionen zu beschäftigen. Andererseits aber treibt
in politisch vernachlässigten Ländern die Armut die Menschen aus Neid auf die Reichen in die
Bethäuser: Not lehrt beten! Religion wird an Stelle der Ost-West-Ideologie zum Politikum.
Die Angebote einfacher Botschaften sind in einer komplizierten Welt willkommen. Die
Religionen schaukeln sich da gegenseitig hoch. Kommen dazu noch die Skandale, schon ist die
Presse am Zug. So belebt der sexuelle Missbrauch in durch katholische Geistliche die
Aufmerksamkeit, wie auch Selbstmordattentäter, Genitalverstümmelung, Diskriminierung der
Frauen und gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Da ist eine - meist im konservativen Sinne
- klärende Antwort gefragt.
Religionen stellen einen „Wahrheitsanspruch“ in Fragen Weltbild und Moral. Einen klärenden
Richter gibt es da nicht. Also ereifert man sich – für „seine Religion!“ In den westlichen
Ländern erregt es Aufmerksamkeit, wenn man sich an idealisierten fremden Religionen neu
orientiert. In den Armen Ländern wird man zum Verräter, der des Todes schuldig ist, wenn
man die Familientradition verlässt.
„Autoritäten“ entheben viele Menschen, sich selbst Gedanken zu machen und eine
persönliche Entscheidung zu fällen. Demokratie ist eben ein schwieriges Geschäft.
Leider helfen die Naturwissenschaften dabei nicht weiter. Deren Produkte bestimmen zwar
weltweit den Alltag - bis in den letzten Winkel der Erde gibt es TV und Motorfahrzeuge, aber
die Traditionen sind stärker als kritisches Denken.
Die Naturwissenschaften relativieren Religion und Geschichte. Naturwissenschaften können
zwar weder die Existenz des einen noch des anderen Gottes beweisen noch widerlegen. aber
nimmt man die Neurologie hinzu und ernst, so sind Götter und Dämonen Hirngespinste.
Aber wer will bezweifeln, dass der Mensch religiös ist! Wo der Mensch an seine Grenzen
kommt, sei es physisch oder geistig, da wird er religiös. Er fängt an zu glauben. Wenig Mühe
macht es, anderen zu glauben, um so Antworten zu haben, die den Ist-Zustand erklären.
Wer sich aber mit dem „Ist-Zustand“ nicht zu Frieden geben will, muss sich der Mühe
unterziehen, alternative oder gar eigene Antworten in Form von Theorien zu finden. Diese
Theorien bleiben aber so lange „Spinnkram“, als sie sich nicht in der Wirklichkeit durchsetzen
können.
Theorien sind der Ansatz zur Forschung. Auf diesem Wege hat die Menschheit Werkzeuge,
Maschinen, Heilmethoden und vieles andere mehr entwickelt, die unseren heutigen Alltag
bestimmen. Der „Glaube“ ist der Weg in eine vom Menschen gestaltete Welt.
(H-E.S. 16.05,2012)
Jede Religion verkörpert eine schöne Idee. Dann gleitet sie mit der Zeit hinüber in einen Kultus
und endet als Institution. Sie verliert ihre Lebendigkeit und wird der Entwicklungsfähigkeit des
Menschen nicht gerecht.
Statt zurück zu kehren zur Nüchternheit (Reformation) oder gar die religiösen Inhalte rational
und objektiv zu analysieren, flüchten sich die Gläubigen in emotionale Stimmungen (Events).
Da auch diese einmalig sind, ist eine ständige Neubelebung oder Steigerung notwendig.
Die Wiederkehr der Politik.
Dasselbe Schicksal ereilt jede Staatsform. „Neue Besen kehren gut!“. Im Gebrauch nutzen sie
sich ab. Da müssen dann Traditionen herhalten und wird mit Emotionen gespielt.
Es ist leichter, Emotionen zu wecken, als an der Vernunft festzuhalten.
So erfordert die Demokratie, Informationen zu sammeln, sie zu verarbeiten und sie mit
anderen zu teilen. Der Vollblutpolitiker wird bald zum Berufspolitiker.
Den idealen Politiker gibt es nicht. Die Zeit erfolgreicher Auftritte von Politikern ist begrenzt.
Es passt eben nicht jede Idee und jede Person in das aktuelle Alltagsgeschäft.
In der Bundesrepublik haben wir die Demokratie ganz gut gelernt Aber aus der
Volksherrschaft wurde eine Parteienherrschaft (Z.B. Fraktionszwang). Diese neue politische
Oberschicht frustriert den Bürger. Finden sich genug Menschen, die etwas ändern wollen,
ziehen sie frustrierte Traditions- oder Protestwähler an.
Das Rotationsprinzip der Grünen scheiterte am zur Verfügung stehenden Personal. Es geht
eben nicht ohne greifende Ideen, Führungsstärke und praktischer Erfahrung.
Das werden auch die Piraten erfahren. Sie werden an der zunehmenden Zahl der Aktivisten
ersticken. Die Transparenz bleibt bald auf der Strecke. Je mehr Meinungen eingesammelt
werden, um so mehr muss gesiebt werden, um zu aktuellen Entscheidungen kommen zu
können. Die meisten Entscheidungen sind kurzfristig gefragt. Nachhaltige Programme sind
erforderlich, können jedoch nach langwieriger Entwicklung schnell im Papierkorb landen, wie
das Wahlprogramm der FDP, das zwar noch in den Koalitionsvertag einfließen konnte, aber
keine direkten Antworten auf die Finanzkriese gab.
Die Piraten werden es lernen! Am Ende funktioniert nur noch der umgekehrte Weg, die
Transparenz von oben nach unten. Das erfordert jedoch das nachfragende Interesse der
Bürger und die Mühe der Politiker, den einzelnen Bürger ausreichend mitzunehmen.
(H-E.S. 18.05.12)
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Es ist gut, an gott zu glauben.