Besinnung zum Christfest 2010.
Ein christliches Fest bekommt für mich im Laufe des jeweiligen Jahres Farbe, wenn ich meine eigene
Besinnung anstelle.
Für dieses Jahr ist es der Bruchteil eines Weihnachtsliedes, das wohl in jeder weihnachtlichen
Veranstaltung gesungen wird:
Was soll das bedeuten, es taget ja schon
Die Christen haben schon früh die Geburt Jesu von Nazareth unterschiedlich gedeutet bzw. bewertet.
Wer in den Evangelien blättert, wird es bemerken.
Im Lukasevangelium wird die Geburt in einen politischen Rahmen gestellt. Der Kaiser in Rom braucht
Geld: Also muss zum Zwecke einer effektiven Besteuerung eine Volkszählung durchgeführt werden.
Eine “alte Geschichte” ganz aktuell: Keine Steuersenkung, bestenfalls Vereinfachung. Große Sorgen
macht sich die Politik um die Stabilität des Euros. Der Einzelhandel jubelt über die gestiegene Kauflaune
ihrer Kundschaft. Die Feier der Geburt Jesu steht am Rande oder ist nur Mittel zum Zweck Ein
Erzbischof verteufelte dieser Tage wegen des Konsumrausches den “Weihnachtsmann” .
Wenige Ehrenamtliche kümmern sich um die Obdachlosen. Behörden haben Ärger mit Asyl suchenden
Flüchtlingen. Bedrückend, dass Menschen auf der Suche nach “Menschenrechten”, Lebenschancen und
einer neuen Existenz im Sturm mit ihrem gestrandeten Boot vor den Augen hilfloser Retter im Meer
ertrinken.
Nach der Geburtslegende fanden Joseph und Maria keine ordentliche Herberge. Jesus selbst wurde zu
einem Wanderprediger, der keine Stätte hatte, wo er sein Haupt hinlegen konnte. Obdachlos, ein
Landstreicher in den Augen der Behörden. Er aber predigt, was ihr nicht einem meiner geringsten
Brüder/Schwestern getan habt, habt ihr auch mir nicht getan. - Nächstenliebe ist für ihn Gottesdienst,
nicht aber die Rückbesinnung auf das, was geschrieben steht. Weder staatliche und noch weniger die
Tempelgesetze gilt es da zu beachten.
Religiös betrachtet die Geburt Jesu das Matthäusevangelium. Weise Männer, Astrologen haben eine
Stern gesehen und lesen daraus die Botschaft, dass ein zukünftiger - großer - König geboren worden
ist. Heute würde man sagen: esoterische Brüder! Mit den Geschenken, die sie bringen, ehren sie ihn als
Priester, Propheten und Weltenherrscher in einer Person. Doch der Neugeborene ist ein ganz
Außergewöhnlicher, der alle Vorstellungen sprengt: Er ist ein verborgener, ein Geheimtipp.
Kleine Leute, Hirten, Menschen mit zweifelhaften Ruf erfahren die Bedeutung des Neugeborenen. Was
sie erfahren und weitersagen bewegt - überrascht sogar die Mutter Maria. Kleine Leute? Hirten waren
Wanderarbeiter, Heimatlose vor Gericht damals unglaubwürdige Zeugen und darum nicht zugelassen.
Ein leider notwendiges Gesindel.
Die Geburt Jesu ist erst der späteren Christenheit zum Spekulationsobjekt geworden. Für Paulus,
dessen Schriften die ältesten christlichen Zeugnisse darstellen, hatte die Geburt Jesu, - ja sogar Jesu
Leben vor seinem Tod, - gar keine Bedeutung. Er suchte allein nach der Bedeutung des Todes Jesu am
Kreuz !
Lukas und Matthäus versuchen der Person Jesu von Nazareth eine herausgehobene Stellung
zuzuschreiben. Die “jungfräuliche Zeugung” durch den Heilige Geist und die “jungfräuliche Geburt”
machen Jesus zum Gottessohn. Er soll zwar auch als Davids Sohn einen herrschaftlichen Anspruch
stellen, er ist aber bestenfalls ein Adoptivsohn des Josephs, - ein uneheliches, voreheliches Kind.
In meiner theologischen Betrachtung widerspricht dieser Vergöttlichung das Johannesevangelium. Es
kommt mit der Botschaft:
Gott ist Mensch geworden!
Mit solch einer Vision soll auch Martin Luther in einer Weihnachtspredigt aufgewartet haben: Ein Mann
wollte in den Himmel aufsteigen. Er fand eine lange Leiter, die nach oben führte. Er stieg Sprosse für
Sprosse nach oben. Es wurde immer mühseligen. In einer Verschnaufpause schaute er nach unten. Und
siehe, da sah er zu Füßen der Leiter das Jesuskind in der Krippe liegen und stieg wieder hinab.
Gott ist nicht im Himmel. Geister, Dämonen, Götter oder Gott hausen bzw. wohnen in uns Menschen. Es
ist eine neurologisches Problem, eine Frage unserer Psyche.
Wenn “Christus” Dämonen austrieb, dann waren diese störende Kräfte in unseren “Köpfen”. Angst, Neid,
Sucht, Eitelkeit, Egoismus! Ja noch Schlimmeres: Traumatische Erfahrungen durch sexuellen
Missbrauch, körperlicher Gewalt in Kindheit und Jugend, durch Verbrechen, Krieg und religiös-
ideologische Indoktrination.
Für mich bedeutet die Geburt Jesu, die Geburt der Liebe. Eine Liebe, die “NEIN” sagt zu den
alltäglichen Dämonen.
Dieser “Mensch” widersetzte sich dem Glauben an das Naturgesetz, dass immer der Stärkere sich
durchsetzt. Er demonstrierte Vergebung, Solidarität mit Benachteiligten, Menschlichkeit, Mut - Glaube,
Liebe und Hoffnung.
Jesus überzeugte seine Anhänger, dass selbst Verrat, feiger Mord und Diskriminierung sie nicht beirren
konnten. Ihr Glaube an diese menschenfreundliche Liebe überwand den Kreuzestod mit der Vision von
seiner Auferstehung.
Die Nächstenliebe ist eine mögliche Menschenwürde und das ist mehr als “Menschenrechte”!
Diesen christlichen Glauben kann man nicht lernen. Man kann ihn nur geschenkt bekommen von
seinen Eltern oder über Persönlichkeiten, die unseren Lebensweg kreuzen.
(H-E.S.15.12.2010)
20